Die Sage der Edlweiss Hütte

Vor langer, langer Zeit als im Schlerngebiet noch Graf „Niemandsfreund” regierte und der alte Partschott durch die Latschen bei den Rosszähnen schlich, stand unterhalb des Goldknopfes am Ufer eines kleinen Hochmoores die kleine „Grimmenschwaige”

Der Zugang zur kleinen Holzhütte war nicht ganz ungefährlich, denn sie war nur über einen schmalen Holzsteg, der über das besagte Moor führte, zu erreichen. Schon manch ein Wanderer, der nach dem Besuch in der Schwoaga nach dem einen oder andern Schnapsl den Steg verfehlte drohte im Moor zu versinken und konnte meist nur in letzter Minute gerettet werden.

Bewohnt wurde die „Grimmenschwoaga” von einer außergewöhnlich hübschen Sennerin namens Liesl. Als regelrechten „Volkssport” könnte man das damals weit verbreitete und beliebte „Fensterlen” bezeichnen. Dabei schlichen sich die jungen Burschen zum Haus der Angebeteten, klopften an ihr Fenster und hofften auf Einlass. Auf der Alm war es zudem Brauch dieses Begehren mit einem, unter großen Mühen und Gefahren gepflückten Edlweißsträußchen, zu begünstigen.

Da hatten sie aber bei der schönen Liesl kein Glück. Sie blieb stets standhaft und machte keinem ihr Fenster auf und wenn sie sich noch so bemühten und ihr „Brunftgeheule” schauerlich die Nacht erfüllte. – Die mitgebrachten Edlweißsträußchen aber steckten die abgewiesenen Freier stets demonstrativ in die Holzbalken rund um das Fenster. Lies ließ sie dort und rührte sie nicht an und so „zierten” bald hunderte Edlweißsterne das Fenster bei der Grimmnschwaige. So war es kein Wunder, dass Wanderer, Sommerfrischler aus der Stadt und vor allem die Kinder bald nur mehr von der Edlweiss Hütte auf der Seiser Alm sprachen.

Einmal jedoch passierte etwas Schreckliches. Ein junger Bursche aus dem Fassatal hatte von der schönen Lies gehört und wollte auch sein Glück bei ihr versuchen. Er wanderte durch das Durontal zum Dialer und stieg beim Tierser Alpl auf das „Hundsköpfl”, denn dort, so sagte man, seien die schönsten Edlweiß zu finden. Unter Einsatz seines jungen Lebens pflückte er einen Strauß Edelweiß und als es finster wurde, machte er sich auf, das Herz der schönen Lissi zu erobern. Es war eine mondlose, unheimliche Nacht und in der Finsternis verfehlte er den Steg und versank gurgelnd und wild um sich schlagend im Moor. Ein schrecklicher Tod. Am nächsten Tag bot sich der Liesl und einigen frühen Wanderern ein schreckliches Bild: aus dem Moor ragte schauerlich eine verkrampfte Hand und in der Hand ein Strauß Edlweiß.

Seit diesem Tag traute sich niemand mehr des Nachts in die Nähe der Schwaige, denn, so erzählte man sich, wenn es finster wird, sieht man im Moor den verkrampften Körper des jungen „Faschaners”.

Das Moor ist heute einem Bewässerungsbecken gewichen, die Schwaige wurde versetzt aber der Name „Edlweiss Hütte” ist geblieben…. Und beim Ausheben des Beckens fand man in sechs Metern Tiefe eine 13.500 Jahre alte Urlärche, die ausschaut…

verfasst 2025 von Karl Hofer